Ketose

Funktion von Fetten

Woran denkt man als Erstes wenn man das Wort Fett hört? Mit Sicherheit erstmal an nichts Gutes. Im schlimmsten Fall an eine Beleidigung („du bist fett“!), und im besten Fall an ungesundes Depotfett. Doch Fettsäuren und Triglyceride haben wichtige Funktionen, die über das größte Energiedepot unseres Körpers hinausgehen.

Jede Zelle unseres Körpers hat eine Zellwand, die als Schutz vor unerwünschten Eindringlingen dient und gleichzeitig wichtige Chemikalien in die Zelle hineinlässt. Diese Wand nennt sich Plasmamembran. Sie besteht hauptsächlich aus Fett. Je nachdem, welche Fette wir essen, ändert sich die Dünnflüssigkeit und Flexibilität der Membrane. Zu viel gesättigte Fettsäuren führen möglicherweise zu einer eher steiferen Membran. Ungesättigte Fettsäuren bewirken eher eine zu dünnflüssige Membran. Ein zu großes Ungleichgewicht kann zum Zelltod führen (Ernst, 2012). Zudem spielen Membrane eine entscheidende Rolle bei der effektiven Reizweiterleitung von Nervenimpulsen (wodurch wir z.B. Muskulatur ansteuern).

Augen und Gehirn bestehen ebenfalls zu großen Teilen aus Fett. 80% ALLER Sinnesinformationen kommen über die Augen. Für die Gesunderhaltung der Augen wird den essentiellen Fettsäuren, also solche, die der Körper nicht selbst produzieren kann, eine hohe Bedeutung beigemessen. Besonders Omega-3 Fettsäuren sind dabei zu nennen. Omega-3 und -6 stellen zudem wichtige Nährstoffe zur Verfügung. Ebenso brauchen wir Fette um fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) zu transportieren.

Fette dienen außerdem als Rohmaterial für viele Hormone und regulieren die Funktion von weiteren Hormonen. Beispielsweise dienen diese dann als wichtige Signalgeber für Sättigung oder Hunger (z.B. CCK oder Ghrelin).

Und letztlich hilft Fett bei der Regulation der Körpertemperatur.

 

Was ist Ketose?

Unser Stoffwechsel ist darauf ausgelegt, dass unser Gehirn als wichtigstes Steuerorgan immer mit Energie versorgt wird. Normalerweise geschieht dies über Glukose und Sauerstoff. Wenn wir unserem Körper jedoch keine Energie zuführen über Nahrung und/oder keine Kohlenhydrate (bzw. Glukose) zur Verfügung stehen, wird zunächst auf die gespeicherten Kohlenhydrate (Glykogen genannt) aus der Leber zugegriffen. Nach spätestens 24h wird dieser Speicher langsam knapp und die Leber fängt an, sogenannte Ketonkörper, in den Mitochondrien ihrer Zellen zu produzieren. Diese Ketone sind ein essentiell wichtiger (und neben der Glukose auch einziger) Energielieferant für das Gehirn und anderes Gewebe im Körper. Die Anhäufung von Ketonen im Blut nennt man letztlich Ketose.

Es gibt 3 grundlegende Ketonkörper, die durch Fettoxidation in der Leber entstehen (Beta-Oxidation). Zunächst wird jedoch Acetyl-Coenzym A durch den Abbau von Fettsäuren in den Leberzellen angehäuft. Anschließend entsteht der erste Ketonkörper Acetoacetat, aus dem dann wiederum die übrigen beiden Ketonkörper Aceton und Beta-Hydroxibutyrat entstehen. Letzteres wird dann als Energiequelle im Gehirn und in der Skelettmuskulatur genutzt [D’Agostino, 2015].

 

Einfluss auf Krebs

Bei einer Chemotherapie werden durch Strahlung Wassermoleküle beschädigt, wodurch freie Radikale entstehen. Diese freien Radikale können die DNA und somit die Zelle selbst zerstören. Durch die Therapie wird häufig die neuronale Zellfunktion, bzw. das Membranpotenzial gestört. Da Ketone aus Fettsäuren entstehen und Fettsäuren, wie bereits beschrieben, größtenteils die Struktur von Membranen ausmachen, ist es nur logisch, dass Ketose einen positiven Effekt bei dieser Art der Krebstherapie haben kann, indem das Membranpotenzial und eine normale Zellfunktion aufrechterhalten werden kann. Darüber hinaus können einige Krebsarten Ketonkörper nicht als Energiequelle nutzen und „verhungern“. Durch einen Drop an Glukose im Blut wird zudem die Ausschüttung von Insulin, sowie von Insulin-growth factor 1 (IGF1), welche die Proliferation (Zellteilung) begünstigen, gehemmt. Ketone können auch die Immunreaktion von Zellen und Apoptose (programmierter Zelltod) verbessern [Weber et al., 2018; D’Agostoni, 2018]. Selbstverständlich sollten Patienten jedoch Rücksprache mit ihrem Arzt halten, ob Fasten oder ketogene Ernährung als Therapieform in Frage kommt.

 

Einfluss auf Blutzucker

Wie schon im Abschnitt zuvor angesprochen, kommt es bei der Ketose zu einer Reduktion des Blutzuckers. Ketone entstehen nicht nur beim Fasten, sondern auch durch Zufuhr von exogenen Ketonen über die Ernährung. Ketonester und Ketonsalze reduzieren den Blutzucker mehr als das Medikament Metformin, weshalb die Keto-Diät für Diabetiker sinnvoll sein kann. Der Mechanismus, der zur Blutzuckersenkung führt, ist dabei noch nicht bekannt. Vermutlich wird die Insulinproduktion angekurbelt oder – wie bei Ratten festgestellt – die Insulinsensitivität erhöht. Bei der Nahrungszufuhr scheinen vor allem Medium-Chained-Tryglycerides (MCT) ein probates Mittel zur Verstärkung der Ketose. MCTs können nämlich im Vergleich zu langkettigen Fettsäuren die Bluthirnschranke überwinden und somit vom Gehirn verwertet werden.

 

Effektive Methode gegen Fettleibigkeit?

Es gibt einige Studien, die Evidenz liefern, dass eine ketogene Ernährung zu Gewichtverlust führt (Bueno etal., 2013). Der Mechanismus, der zu Fettverlust führt, wird jedoch stark diskutiert. Einige Autoren behaupten, dass man die Effekte der ketogenen Diät einer Reduktion des Appetits aufgrund stärkerer Sättigungseffekte durch Proteine zuschreiben kann (Veldhorst et al., 2008) oder Effekte durch appetitregulierenden Hormonen (Ghrelin, Leptin, Amylin etc.) [Sumithran et al., 2013]. Andere Autoren konnten einen direkten Sättigungseffekt von Beta-Hydroxibutyrat (BHB) feststellen. Zudem könnte eine verringerte Lipogenese und eine verbesserte Lipolyse den Effekt von ketogener Ernährung erklären [Veldhorst et al., 2009].

 

Einfluss auf Krampfanfälle (Epilepsie)

Der Mechanismus, der zu einer Reduktion von Krampfanfällen von Epileptikern führt, ist noch unklar. Ketonkörper erhöhen möglicherweise die Membranspannung einer Nervenzelle. Durch diese sogenannte Hyperpolarisation der Zelle wird die Schwelle der Erregbarkeit erhöht. Eine erhöhte GABA-Synthese könnte ebenfalls eine Rolle in der Verminderung von Krampfanfällen spielen. GABA ist bekannt für seine beruhigende Wirkung und zählt zu den natürlichen Anti-Stress-Mitteln. Ebenfalls wird ein positiver Effekt durch die reduzierte Ausschüttung von exzitatorischen Neurotransmittern wie Norepinephrinen und Glutamat vermutet [Sampaio, 2016].

 

Quellen

  1. https://www.muk.uni-frankfurt.de/75018797/Wie_Fette_die_Zellmembran_unter_Stress_setzen
  2. https://www.doppelherz.de/omega-3-special/einsatzgebiete/auge-und-sehkraft/
  3. Ketogenic diet in cancer therapy (Weber et al., 2018)
  4. Ketogenic diet for epilepsy treatment (Sampaio, 2016)
  5. Very-low-carbohydrate ketogenic diet v. Low-fat diet for long-term weight loss: A meta-analysis of randomised controlled trials. (Bueno et al., 2013)
  6. Protein-induced satiety: effects and mechanisms of different proteins. (Veldhorst et al., 2008)
  7. Gluconeogenesis and energy expenditure after a high-protein, carbohydrate-free diet. (Veldhorst et al., 2009)
  8. Ketosis and appetite-mediating nutrients and hormones after weight loss. (Sumithran et al., 2013)
  9. Effects of a high-protein ketogenic diet on hunger, appetite, and weight loss in obese men feeding ad libitum. (Johnstone et al., 2008)